Gebärdensprachkurs an der Hochschule Landshut eingeführt
Im Seminarraum sitzen knapp 20 Studierende. Es ist still. Nacheinander sprechen die Studierenden mit ihren Händen. Zum ersten Mal fand an der Hochschule Landshut ein Gebärdensprachkurs im Rahmen des Studium Generale statt. Zum Sommersemester 2014 wurde der Kurs eingeführt. Er wurde geleitet von gehörlosen Dozentinnen der Münchner Gebärdensprachschule "Blickfang". Dabei machten die Studierenden nicht nur ihre ersten Erfahrungen mit der Deutschen Gebärdensprache (DGS), sondern kamen in Kontakt mit der Gehörlosenkultur. Der Kurs wurde nun im Wintersemester fortgesetzt.
Bild: Hochschule Landshut
„Es ist eine Herausforderung, aber es macht unheimlich Spaß, eine neue, ganz andere Sprache zu lernen", stellten die Studierenden fest. Zu Beginn lernten sie die Handzeichen für die Buchstaben des Alphabets. Denn in jedem Land, wo es eine eigene Gebärdensprache gibt, wird auch das Fingeralphabet benutzt. „Zum Buchstabieren wird die rechte oder linke Hand benutzt, je nachdem welche Hand die Dominante ist", erklärt Gebärdensprachdozentin Sandra Reiß. Neben den Handbewegungen und der Mimik, müssen auch mit dem Mund bestimmte Wörter (Eigennamen oder Nomen) deutlich, aber lautlos ausgesprochen werden. „Die Gebärdensprache ist ein visuelles Kommunikationsmittel."
In weiteren Veranstaltungen lernten die Studierenden dann einzelne Gebärden für Wörter. Manche Namen oder Ortbezeichnungen werden in der Gebärdensprache vom Wort abgeleitet. „Landshut" beispielsweise wird durch das symbolische Aufsetzen eines Huts symbolisiert, während man parallel dazu das Wort „Landshut" mit dem Mund lautlos spricht. Gebärden müssen sehr genau ausgeführt werden, weil allein durch die Veränderung der Handstellung eine vollkommen andere Bedeutung entsteht.
Gebärdensprachangebot wird weiter ausgebaut
Der Kurs wurde durch Studierende angeregt und von Bernhard Osterkorn, dem Leiter des Sprachenzentrums an der Hochschule Landshut, organisiert. Das Sprachenzentrum will die DGS in das Kursangebot integrieren und ein systematisches Kurssystem mit Aufbaukursen etablieren. Prof. Dr. Clemens Dannenbeck aus der Fakultät Soziale Arbeit und Inklusionsforscher freut sich über die rege Beteiligung: „Die Auseinandersetzung mit der Gehörlosenkultur ist wichtig, gerade angesichts der Diskussion um Inklusion in der Gesellschaft. Wir sind froh, mit den gehörlosen Dozentinnen den Studierenden einen muttersprachlichen Zugang zur Deutschen Gebärdensprache ermöglichen zu können." Im Wintersemester 2014/15 gibt es wieder einen Gebärdensprachkurs für Anfänger, ein Großteil der Anfänger aus dem Sommersemester 2014 besucht bereits einen Fortgeschrittenenkurs. Neben den Studierenden aus der Sozialen Arbeit gibt es diesmal auch Zuspruch aus anderen Fakultäten.
Gegenwärtig verfolgt die Hochschule Landshut eine Reihe von Initiativen im Zusammenhang mit der Gebärdensprache. Das Sprachenzentrum arbeitet daran, für die Deutsche Gebärdensprache eine Zertifizierung im Hochschulbereich (UNIcert®) auf den Weg zu bringen. Die DGS soll in dieser Hinsicht Fremdsprachen wie Englisch oder Französisch gleichgestellt werden. Dieser Vorstoß wird von Vertretern der Gehörlosen-Community und anderen Hochschulen, an denen die DGS gelehrt wird, sehr begrüßt. In einem Jahr, zum Wintersemester 2015/16, soll ein Bachelorstudiengang Gebärdensprachdolmetschen an den Start gehen. Damit ist die Hochschule Landshut die einzige süddeutsche Hochschule, die einen solchen Studiengang anbietet. „Der Bedarf an einer qualifizierten akademischen Ausbildung im Gebärdensprachdolmetschen ist sehr groß", erklärt Prof. Dannenbeck. Eine erste Professur ist bereits besetzt. Prof. Dr. Uta Benner hat zum Wintersemester ihre Arbeit aufgenommen.
Text: Henner Euting
Hochschule Landshut